Martin Luther

Vom Mann Gottes zum Deutschen Elias

Porträtbücher sind Medien konfessioneller und nationaler Ruhmesspende, denn die Vergegenwärtigung großer Taten gereichte nicht nur den dargestellten Personen, sondern auch den sozialen Gruppen, denen sie angehörten, zur Ehre. Ab den 1560er Jahren entstanden zahlreiche Porträtsammelwerke von deutschen Helden, Fürsten und Gelehrten ebenso wie von politischen und intellektuellen Akteuren der Reformation. Bei den Warhafften Bildnissen etlicher gelarter Menner von 1562 handelt es sich um einen von fünf Titeln, in denen der Wittenberger Druckerverleger Gabriel Schnellboltz (ca. 1530–1570) die Gattung der Porträtsammelwerke für den lutherischen Protestantismus aufbereitete. Die Texte, in einfachen Paarreimen verfasste kurze Viten, stammen von Johann Agricola (1530–1590), während Schnellboltz für die Beschaffung der Bildnisse zuständig war. Prägend für die Ikonographie ist ein später Bildnistypus, wie er von der Cranach-Werkstatt in Malerei und Druckgraphik verbreitet wurde. Er zeigt den Reformator in professoraler Tracht, bestehend aus Schaube, Wams, Hemd und Krause. Sie bildete ein Markenzeichen lutherisch reformierter Theologen, seitdem Luther selbst 1524 öffentlichkeitswirksam seine Mönchskutte gegen diese Art der weltlich-akademischen Bekleidung ausgetauscht hatte. Weitere physiognomische Charakteristika des Bildtypus, der Luther in seinem fünften Lebensjahrzehnt zeigt, sind seine feiste Gestalt und das markante Doppelkinn.