Der andächtig betende Lutherus

Der betende Luther

Die Bildpolitik, mit deren Hilfe Luther nach seinem Tod 1546 bis weit ins 19. Jahrhundert zum Heiligen stilisiert wurde, bediente sich maßgeblich druckgraphischer Verfahren.
Auf zwei Dritteln des entfaltbaren Frontispizes des vom Zschopauer Pfarrer Johann Christoph Reuchel (1667–1725) herausgegebenen Gebetsbuchs wird dargestellt, wie sich der kniende Luther göttlichen Lichtstrahlen entgegenreckt, die aufgeschlagene Bibel vor ihm auf einem Tisch. Darunter und in den oberen Bildteil hineinragend befindet sich in der Bildmitte eine mit Girlanden und der Lutherrose verzierte Muschel mit dem Kurztitel des Buches.
Ins Bild gesetzt ist hier die Botschaft eines mit Enthusiasmus betenden Luther, der sich dem göttlichen Licht, symbolisiert als Sonne mit dem Dreieck der göttlichen Trinität, öffnet. Das Licht als Symbol der aus Gott hervorgehenden Wahrheit wird hier als Effekt des hingebungsvollen Gebets vorgeführt. In pädagogischer Absicht soll für den Betrachter ein innerer Vorstellungsraum entstehen, in dem Luther zum Vorbild für jeden Betenden wird.
Aus einer kleinen Schrift Luthers zur rechten Gebetshaltung von 1534 für einen befreundeten Bürger wissen wir, dass er selbst kniend oder stehend betete, seine gefalteten Hände und die geöffneten Augen gen Himmel richtete.