De Gratiosa Incarnatione Dei

Marginalien, Memoria und Meilenstein(e)

Der lateinische Psalter, der Luther für seine Vorlesungen diente, wurde in der Offizin von Johannes Rhau-Grunenberg gedruckt und ist nur in diesem einen Exemplar bekannt. Er ist mit zahlreichen Anmerkungen von Luthers Hand versehen.
Luthers Marginalien geben Einblick in seine Ideen und Gedanken bei der Lektüre des Psalters und der Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen. Zwischen den Zeilen trug er Glossen zur Bedeutung von Begriffen ein. Charakteristika und Interpretationen der Psalmen sind am umlaufenden Rand notiert. Auf einen längeren Arbeitsprozess deuten Wechsel der Tinten, Durchstreichungen und Korrekturen hin. Vermutlich noch im 16. Jh. gelangte das Buch nach Bremen und wurde mit Luther-Bildern angereichert, die eingeklebt und handschriftlich bezeichnet wurden.
Martin Luthers Arbeitsexemplar wandelt sich so von einem durch die häufige Berührung des Reformators ideell aufgeladenen persönlichen Objekt zu einem wertgeschätzten mobilen und flexiblen Medium des Sammelns und der Luthermemoria.
Herzog August d. J. (1579–1666) erwarb das Exemplar um 1640 aus unbekanntem Vorbesitz für die Wolfenbütteler Bibliothek. Seit Oktober 2015 zählt Luthers Handexemplar zur Auswahl besonders wertvoll erachteter Bücher, Partituren, Bild-, Ton- und Filmdokumente „in einem weltumspannenden digitalen Netzwerk“, so die Deutsche UNESCO-Kommission.