Phasma

Luther auf der Bühne

Nur wenige Jahre nach der Reformation entstanden an den neu gegründeten protestantischen Gymnasien die ersten Schuldramen. Der besondere Schauwert von Schultheateraufführungen wurde gezielt eingesetzt, um die lutherische Lehre unter das Volk zu bringen. Erst relativ spät erkannte man die dramatische und katechetische Wirkung von Luthers eigener Biographie.
Obwohl zahlreiche Vorläufer existieren, wird als erstes Lutherdrama gemeinhin die Fastnachtskomödie Phasma von Nicodemus Frischlin (1547–1590) genannt. Phasma wurde 1580 aufgeführt, aber erst zwölf Jahre später posthum gedruckt. Trotz subversiver Elemente, die für ein ambivalentes Verhältnis Frischlins zum Luther-Kult sprechen, avancierte das Drama um 1600 zu einem vielgelesenen Standardwerk. Zeitgenössische Nutzungsspuren wie Marginalien und Unterstreichungen in sieben Exemplaren der Erstausgabe von Phasma im Bestand der Herzog August Bibliothek zeugen von einer intensiven Rezeption. Ein widerspruchsfreies und konformes Lutherbild zeigt dagegen Andreas Hartmanns Drama Erster Theil/ des Curriculi Vitae Lutheri (Erstdruck 1601). Den Auftakt zu einer ganzen Gruppe von Dramen bildete darüberhinaus der bereits 1613 gedruckte Eißlebische Christliche Ritter von Martin Rinckart (1585–1649). Rinckart plante einen Zyklus von insgesamt sieben Lutherdramen, von denen jedoch nur drei zum Druck gelangten.
Die bleibende Leistung der Lutherdramen insgesamt liegt darin, dass sie die Biographie und das geistige Erbe Martin Luthers einer neuen Generation eingeprägt haben. Die polarisierende Wirkung ihrer aggressiv-antipäpstlichen Polemik unmittelbar vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges sollte jedoch nicht unterschätzt werden.